J.S.Bach: Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur BWV 1047
Die meisten Instrumentalwerke komponierte Bach während seiner Köthener Zeit (1717-23), in der er Kapellmeister am Hofe des musikliebenden Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen war und unter idealen Bedingungen arbeiten konnte. Dabei stand ihm mit der Köthener Hofkapelle ein Orchester von hervorragenden Musikern zur Verfügung, so daß er neuartige formale und klangtechnische Möglichkeiten ausprobieren und seinen eigenen orchestralen Stil entwickeln konnte. Das Ergebnis dieses künstlerischen Prozesses ist jene Reihe von sechs Instrumentalkonzerten, die Bach selbst "Six concerts avec Plesseures instruments" (sechs Konzerte mit verschiedenen Instrumenten) nannte, aber von Philipp Spitta, dem großen Bach-Forscher des 19. Jahrhunderts Brandenburgische Konzerte" genannt wurden, da Bach sie dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg gewidmet hat. Bach übernahm bei diesen Konzerten den von Vivaldi geprägten dreisätzigen Concerto grosso-Typ: Wechsel von thematisch konstanten Tutti-Teilen und virtuosen Solo-Episoden. Er ließ jedoch die konventionelle Form des Concerto grosso hinsichtlich Originalität, dichter kompositorischer Textur und Klangfarbenfantasie weit hinter sich. Gemeinsame Merkmale der sechs Konzerte sind nur die Dur-Tonart und der vital-heitere Grundcharakter. Die Kompositionen wirken aber höchst individuell, denn sie unterscheiden sich vor allem durch ihre instrumentale Besetzung. Jedes Konzert besitzt eine andere instrumentale Kombination, und daher einen anderen klangfarblichen Effekt.
Im heute zu hörenden "zweites Konzert F-Dur" zeigt sich Bachs Freude am Spiel mit verschiedenen instrumentalen Klangfarben. Die Besetzung des Solistenensembles mit Trompete, Flöte, Oboe und Violine führt die thematischen Hauptgedanken in immer neuen Schattierungen und Stimmkombinationen vor und läßt dabei das Tutti in den Hintergrund treten. Der Mittelsatz ist ganz und gar Kammermusik, drei Soloinstrumente (ohne Trompete) konzertieren über einem ostinaten Andante-Baß, das übrige Orchester schweigt. Der dritte Satz beginnt - entgegen der Tradition des barocken Konzertsatzes - mit einem Trompetensolo und das weitere motivische Geschehen wird ausschließlich von den Solisten und dem Generalbaß entwickelt; während das Orchestertutti nur Begleitung spielt.
J.S.Bach: Sonate Nr. 3 E-Dur BWV 1016
Die E-Dur Sonate ist in ihrer Dimension und in ihren spieltechnischen Anforderungen sicher die anspruchsvollste unter ihren Schwestern. Im eröffnenden ausgedehnten Adagio gehen beide Instrumente strikt getrennte und jeweils typische Wege: Das Cembalo beschränkt sich auf einen eher begleitenden vollgriffigen Akkordsatz, der gleichwohl durchweg motivisch geprägt ist, denn er wiederholt Takt für Takt ein einziges, sich drehendes Sechzehntel-Motiv, während die Unterstimme lediglich die Baßtöne beisteuert. Darüber rankt sich, nach einem energischen Aufstieg durch den E-Dur-Dreiklang, ausdrucksvolles, weitgespanntes Figurenwerk, das einen reizvollen Gegensatz zum eher statischen Charakter des Tasteninstruments bildet.
Auch das folgende Allegro weist 3teilige Form auf. Anfang und Ende sind konsequent kontrapunktisch und triogemäß angelegt, mit zahlreichen Imitationen aller Stimmen und von großer motivischer Dichte. Dagegen weicht im Mittelteil die polyphone Strenge einer eher gelösten Aufgabenteilung. Über einem monoton schreitenden Viertel-Baß alternieren die beiden Oberstimmen und wechseln sich in der Führung ab.
Der 3. Satz ist wiederum recht ausgedehnt und gleichzeitig auf unauffällige Weise kunstvoll gebaut. Der Baß bringt chaconneartig eine 4taktig sequenziert absteigende Linie in ruhiger Viertel-Bewegung, die insgesamt 15mal auf verschiedenen harmonischen Ebenen wiederkehrt. Sein erstes Auftreten wird nur durch begleitende Akkordanschläge der Oberstimme gestützt, danach tritt eine zwischen Triolen und Sechzehnteln pendelnde Melodielinie der Geige hinzu. Diese Elemente verschränken sich und steigern sich im Verlauf des Satzes im ständigen Wechselspiel der beiden Oberstimmen.
Der letzte Satz schließlich betont besonders das virtuose Element. Seine Anlage ist 3teilig, motorisch ständig geprägt durch sein zu Beginn sich aus engstem Umfang quasi hinaufschraubendes Thema, das sogleich in einen energischen Achtel-Kontrapunkt mündet.
Der Mittelteil bietet dann zunächst einen überraschenden Kontrast durch seine weiche Triolenbewegung, die ständig von thematischen Einwürfen gestört" wird. Erst in seinem weiteren Verlauf wird die Triolenbewegung allmählich zurückgedrängt, und ab Takt 78 hat sich endgültig die energische Zweierrhythmik des Anfangs durchgesetzt. Sie führt in großer Steigerung und am Ende nachdrücklich kadenzierend zur Reprise" zurück. (Ulrich Kiefner)
Giuseppe Torelli (22.4.1658 zu Verona - 8.2.1709 zu Bologna)
Torelli, italienischer Violinist und Komponist war Schüler von Giacomo Perti (1661 - 1756) in Bologna. Ab 1686 wirkte er als Bratschist in der Kapelle der Basilica San Petronio mit. Nach deren Auflösung wurde er 1697 Kapellmeister in Ansbach, kehrte aber 1701 wieder nach Bologna zurück, wo er unter Perti in der neu eingerichteten Kapelle als Violinist mitwirkte. Torelli gilt als Schöpfer des Solo-Violinkonzertes. Sein Werk umfaßt zahlreiche Solokonzerte und Concerti grossi.
Konzerte für Oboe d'amore und Streichorchester A-Dur BWV 1055
(Rekonstruktion nach dem Cembalokonzert A-Dur BWV 1055)
Die Beschäftigung mit der Gattung des Instrumentalkonzerts durchzieht den größten Teil von Bachs Schaffenszeit. Ein großer Teil seiner weltlichen Instrumentalmusik (u.a. die Brandenburgischen Konzerte, die Violinkonzerte und ein Teil der Orchestersuiten) entstand in den Jahren 1717 - 1723, als Bach Hofkapellmeister in Köthen war. Nach der Übernahme des Leipziger Thomaskantorats im Jahre 1723 verlegte er den Schwerpunkt seiner kompositorischen Tätigkeit zunächst vorwiegend auf die Kirchenmusik. Erst 1729, nach der Übernahme des von G. Ph. Telemann gegründeten Collegium musicum wandte sich Bach wieder der Komposition von Instrumentalkonzerten zu, wobei u.a. die Cembalokonzerte, die größtenteils Umarbeitungen früherer Instrumentalkonzerte sind, entstanden.
Diese basieren auf dem Vorbild der Solokonzertform bei Vivaldi, die aus drei Sätzen in den Zeitmaßen schnell - langsam - schnell besteht. Von seiner Besetzung her ist das Solokonzert als ein Wettstreiten zwischen einem Soloinstrument (bzw. einer Gruppe von Soloinstrumenten) und dem Tutti angelegt. Die schnellen Kopfsätze haben die Form des "Konzertsatzes" im engeren Sinne, die sich in den Grundzügen folgendermaßen beschreiben läßt: Zu Beginn stellt ein geschlossener Tutti-Abschnitt (das Ritornell) die Hauptthematik und die Grundtonart des Satzes vor und seine später oft verkürzte und variierte - Wiederholungen bilden die Grundpfeiler des Satzes. Zwischen den Ritornellen stehen Abschnitte, die vom Soloinstrument oder der Sologruppe beherrscht werden, meistens begleitet vom Ripieno (Orchester) oder vom Generalbaß. Die mittleren langsamen Sätze sind als instrumentale Lieder oder gar Arien konzipiert, wobei das Orchester überwiegend nur Begleitfunktion hat. Der tänzerische Charakter der abschließenden Allegro-Sätze wird deutlich durch die Wahl des 3/8-Taktes unterstrichen.
Alessandro Stradella (1644 - 1682)
Italienischer Komponist, Violinist und Sänger, der seine musikalische Ausbildung in Venedig erhielt. Mit seiner ausdrucksstarken Melodik gilt er als wichtiger Vorläufer Alessandro Scarlattis und der italienischen Schule des 18. Jahrhunderts. Sein Werk umfaßt mehrere Opern, zahlreiche geistliche und weltliche Kantaten sowie eine Reihe von Instrumentalwerken in verschiedener Besetzung.
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