Giacomo Puccini (1858-1924): mit Willi Stein (Tenor), Thomas Pfeiffer (Bariton), Ein Konzertmitschnitt aus der Kirche des UNESCO-Weltkulturerbes Kloster Maulbronn vom 19./20. Mai 2001. Eine Produktion von Andreas O. Grimminger & Josef-Stefan Kindler in Zusammenarbeit mit Jürgen Budday. Audio CD, DDD, ca. 50 Minuten, KuK 75, ISBN 978-3-930643-75-2, EAN 42 6000591 015 5. |
Stellen Sie sich vor, Sie leben im Italien des 19. Jahrhunderts, sind 22 Jahre alt und studieren am Konservatorium von Lucca - Musik. In wenigen Wochen legen Sie ihr erstes grosses Werk dem Gremium des Konservatoriums vor: die Abschlussarbeit, ein Glanzpunkt ihres blühenden Lebens... Giacomo Puccinis "Messa di Gloria" ist meineserachtens ein Höhepunkt innerhalb seines Schaffens - denn ist es wirklich "nur" ein Frühwerk? Sicherlich, man spürt den Glanz, die Begeisterung und wohl auch ein wenig die Respektlosigkeit der Jugend - denn wissen Sie, für eine Messe ist dieses Werk zum damaligen Zeitpunkt einfach zu schön. Es spiegelt die volle Begeisterung und Hingabe des jungen Künstlers. Entgegen vieler Meinungen, die das "Gloria" als Höhepunkt der Komposition sehen, ist für mich das "Agnus Dei" der eigentliche Höhepunkt des Werkes, welches wohl nicht ohne Grund Jahre später in der Oper "Manon Lescaut" fast unverändert wieder erscheint. Josef-Stefan Kindler anno 2006 |
Obwohl die "Messa di Gloria" von Giacomo Puccini (1858-1924) den Musikwissenschaftlern seit geraumer Zeit bekannt war, taucht sie in den Konzertprogrammen erst seit kurzer Zeit auf. Die Partitur ging erst 1951 in Druck. Seitdem wird das Werk allgemein als "Messa di Gloria" bezeichnet. Die erste Aufführung fand am 12. Juli 1880 anlässlich des Festes von San Paolino, dem Schutzpatron der Glocken, statt, der in dieser toskanischen Stadt besonders verehrt wird. Jene brachte dem jungen Komponisten allgemeine Anerkennung ein. Puccini hat in der Partitur der Messa zwei 1878 für den gleichen Festtag komponierte kirchenmusikalische Stücke verarbeitet: ein Mottetto und ein Credo. Die Komposition war ursprünglich als grosses Vokalwerk konzipiert. Die endgültige Besetzung ist jedoch für 2 Solostimmen, vierstimmigen Chor und grosses Orchester. So ist die Messa die erste umfangreiche Arbeit Puccinis, in der der Komponist an die solide musikalische Tradition seiner Familie anknüpfend bewusst die modernen Ausdrucksmittel seiner Zeit verwendet. Der vertraute Umgang mit der festlichen Chormusik und den strengsten Formen des "eingehaltenen" Kontrapunkts verbindet er mit einer persönlichen Auffassung von einem kirchenmusikalischen Stil und einer in ihren ursprünglichen Umrissen bereits festgelegten Empfindung für Melodien und schliesslich mit einem Klangstil, der schon die ausserordentliche Meisterschaft der späten Orchestration enthüllt. Puccini hing besonders an diesem Frühwerk. Anklänge an die Messa sind später in Puccinis Opern zu finden, besonders in Edgar und vor allem in Manon Lescaut. Im "Madrigale" des 2. Aktes der Manon erscheint fast das gesamte "Agnus Dei" mit nur ganz geringen strukturellen Veränderungen. Wenn man all dies in Betracht zieht, versteht man auch die hohe Achtung, die Puccinis Messa in jüngster Zeit entgegengebracht wird. |
Das Programmheft zum Konzert |
MP3 Titel
2. Gloria [19:56] 3. Credo 4. Sanctus 5. Benedictus 6. Agnus Dei [3:23] |
Die Mitwirkenden: Willi Stein (Tenor) Thomas Pfeiffer (Bariton) Die Kantorei Maulbronn Jürgen Budday |
Die CD Edition Kloster Maulbronn Kultur in ihrer authentischen Form zu publizieren heisst für uns: herausragende Aufführungen und Konzerte für die Nachwelt festzuhalten und zu vermitteln. Denn Künstler, Publikum, Werk und Raum treten in einen intimen Dialog, der in Form und Ausdruck - in seiner Atmosphäre - einmalig und unwiederbringlich ist. Diese Symbiose, die Spannung der Aufführung, dem Hörer in all ihren Facetten möglichst intensiv erlebbar zu machen, sehen wir als Ziel, als Philosophie unseres Hauses. Das Ergebnis sind einzigartige Interpretationen von musikalischen und literarischen Werken, schlicht - audiophile Momentaufnahmen von bleibendem Wert. Die Konzerte im Kloster Maulbronn, die wir in dieser Edition dokumentieren, bieten in vielfacher Hinsicht die idealen Voraussetzungen für unser Bestreben. Es ist wohl vor allem die Atmosphäre in den von romantischem Kerzenlicht erhellten Gewölben, der Zauber des Klosters in seiner unverfälschten sakralen Ausstrahlung und Ruhe, die in ihrer Wirkung auf Künstler und Publikum diese Konzerte prägen. Renommierte Solisten und Ensembles der grossen internationalen Bühnen sind gerne und vor allem immer wieder hier zu Gast - geniessen es in der akustisch und architektonisch vollendeten Schönheit des Weltkulturerbes (Klosterkirche, Laienrefektorium, Kreuzgang, etc.) in exquisiten Aufführungen weltliche und sakrale Werke darzubieten. Unter der Schirmherrschaft des evangelischen Seminars werden seit 1968 die "Klosterkonzerte Maulbronn" in ehrenamtlicher Leitung und mit grossem musikalischem Enthusiasmus ausgerichtet. In den ehrenwerten Mauern des altsprachlichen Gymnasiums mit Internat, welches seit nunmehr 450 Jahren besteht, haben grosse Denker, Dichter und Humanisten unserer Gesellschaft wie Kepler, Hölderlin, Herwegh und Hesse ihre erste Prägung erfahren. Der jugendliche Elan, das konstruktive Mitwirken der Schüler, die sich in der Tradition ihrer grossen Vorgänger sehen, bewirkt ein menschliches Klima, in dem die künstlerische Motivation in besonderer Weise erblüht. Zwischen Mai und September finden 25 Konzerte statt zu deren Gelingen letztendlich viele ehrenamtliche Helfer aus nah und fern beitragen. Blühende Kultur in einem lebendigen Denkmal, dem Publikum vor Ort und nicht zuletzt auch Ihnen zur Freude, sind somit jene Werte, welche wir in dieser Reihe dokumentieren. Jürgen Budday, Andreas Otto Grimminger & Josef-Stefan Kindler |